Donnerstag, 8. Juni 2017

Sag zum Abschied leise "khoda hafez"

Nun, wo das Ende meiner Fahrt durch Persien naht, ist meine Gefühlswelt ein Kuddelmudel. Ich hoffe, gut über die Grenze zu kommen. Jetzt nach den Anschlägen in Teheran kann ich nicht einschätzen, was und wie kontrolliert wird. Nach zwei Nächten bin ich klüger.
Tabris die 2 Millionenstadt zeigt deutlich, dass sich die meisten Iraner in den bekannten Städten drängen. Gut 75 Millionen Menschen leben in der Gebirgs- und Wüstenlandschaft des vergangenen Weltreiches Persien. Auf der Rangliste der bevölkerungsreichen Länder belegte der Iran 2011 den Platz 17 hinter Deutschland. Neben den Persern leben Aserbaidschaner und Kurden hier. Es soll auch noch die Lust geben, die habe ich leider nicht getroffen.
Landschaftlich hat das Land viel zu bieten. Die mächtigen Berge und die weiten Wüsten, die sich wie ein ausgelaufenes Meer zwischen den Gebirgen erstrecken, sind teilweise von bizarrer Schönheit. Viel trockenem Land wird Nahrung abgerungen.
Die dichte Bevölkerung in den Häusermeeren führt zu der Vereinfachung des Alltags. Man braucht schnell ein Dach über dem Kopf. Da lebt und schläft der alleinlebende Parkplatzwächter im zwei mal zwei Meter Wachhäuschen und lebt vom Anteil der Parkgebühren. Oft wirkt das Urbane lieblos. Das drückt auch die Verschmutzung der Umwelt aus. Kann man sagen, jeder lebt so wie er geliebt wird? Junge und alte Männer schieben schwer beladene Karren durch die Basare. Die Karren sind alt und wirken gebrechlich, die Räder eiern und machen das Schieben schwer. Wen kümmert's! In den Basaren hocken Männer vor ihren Läden. Unmengen von Hosen werden feil geboten. Im Hintergrund des Ladens stapelt sich die Ware bis unter die Decke des Gewölbes. Mir ist unbegreiflich, wer das alles kaufen soll. Fast an jeder freien Stelle unter dem Gewölbe hat ein Kleinhändler ein Tisch aufgestellt oder eine Decke auf den Boden gelegt, um Obst, Feuerzeuge oder Schals zu verkaufen. Auf den Straßen wiederholt sich das. Selten machen sich Bettler bemerkbar.
Meine Reisezeit ist nicht optimal gewählt (Ramadan). Kein Cafe oder Teehaus hat vor 21 Uhr geöffnet. Es gibt kaum ein Ort zum Verweilen und um Leute zu beobachten. Schade.
Nochmals zum Verkehr. Ruß und anderen Abgase entlassen die Motore ungefiltert (wobei das bei uns  ja auch nur Schönfärberei ist...) in die Luft. Den Typen mit der Sense wird es freuen. Die triefende Gemütlichkeit einer aufgeräumten Schwarzwälder Kuckucksuhr gibt es hier nicht. An manchen Häusern werden Rosen und Obstbäume gepflegt. Das Auge erfreut sich daran.
Die Gebirgslandschaft mit dem Wasser und dem kräftigen Laubwald waren mir eine Freude. Die Weite der Wüste und ihr heißer Sand sind nach wie vor irritierend. Das war die Erfahrung wert. Besonders die fast wasserlosen Gebirgszüge mit ihrem vielfältigen Farbspiel von Weiß, Rostrot, Braun, Grünspan, Anthrazit bis Schwarz boten einen Firnis, wie ihn nur alte Meister zaubern können.
Das welke Grau der Städte und der quirlende Verkehr haben manchmal etwas bedrückendes. Das ständige angesprochen werden ist bisweilen anstrengend. Immer Smalltalk geht nicht. Deswegen habe ich mir heute einen Dienstwagen gebucht und mich von Mr. Amesi nach Kandovan fahren lassen. Ein touristisch voll erschlossenes Felsen-Dorf. In den Tuffstein, mit seinen Kegeln, hat man bereits in vorislamischer Zeit Höhlen gearbeitet, um darin zu wohnen. Bis heute leben Menschen dort. Die Höhlenwohnung hat ihre Vorteile, im Sommer ist es schön kühl. Die Tuffkegel (Gestein vulkanischen Ursprungs, lässt sich leicht bearbeiten) sind mit Treppen verbunden, damit die darüber liegenden Wohnräume erreichbar sind. Manch waghalsige Brückenkonstruktion aus rohen Holzbalken verbindet einzelne Kegel miteinander. Eine Augenweide sind die Frauen, sie tragen bunte Umhänge mit blumigen Mustern. Auf dem Rückweg musste Mr. Amise noch den Keilriemen wechseln. Er hatte das gut im Griff. Die Zeit bis zum Essen fassen reichte noch für eine Dusche aus. Sie wäre eigentlichlich nicht nötig gewesen, denn ich wollte in ein ehemaliges Hamam zum Essen gehen. War ich dann auch, war nett (ohne Dusche) und ich bin satt geworden.
Zur Gefühlswelt schreibe ich vielleicht noch etwas, wenn ich das Land verlassen habe.

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